Entwicklung eines optischen Messsystems für Schleifprozesse und mehr

04.04.2022 - Benedikt Allendorf, Produktmanager bei Grenzebach, erklärt, wie ein optisches Messsystem in der Holzverarbeitung die Qualität konstant steigert.

  • Entwicklung eines optischen Messsystems für einen führenden Schleif- und Veredelungssystemanbieter in der Holzwerkstoffplatten-Industrie
  • Messung von Rauheitswerten und Rattermarken während der laufenden Produktion zur Vermeidung von B-Ware
  • Lösung auch auf andere Branchen übertragbar

 


Ein führender Schleif- und Veredelungssystemanbieter für die Holzwerkstoffplatten-Industrie wendete sich mit einem konkreten Anliegen an Grenzebach: Gesucht wurde eine funktionierende Sensorik für die Detektion von Rattermarken und Rauheiten auf den Oberflächen von geschliffenen Span-, Faser-, OSB- und Sperrholzplatten. Nachdem mehrere Anläufe bei anderen Unternehmen keine Lösung boten, konnten wir als erfahrener Digitalisierungs- und Entwicklungspartner der Holzindustrie überzeugend darstellen, dass wir das gewünschte optische Messsystem entwickeln können.

Wunsch nach optimierter Prozesssteuerung

Hintergrund dieser Anfrage war, dass der Kunde eine automatisierte Schleifproduktion anbieten möchte. Herkömmliche Breitbandschleifmaschinen liefern allerdings keine Angaben über die Güte der geschliffenen Oberfläche. Platten werden in der Regel ausgeschleust und manuell nach Rauheit und Rattermarken untersucht. Der Kunde wünschte daher ein optisches Messsystem, das automatisiert Informationen zu Abständen und Ausprägungen von Rattermarken sowie der Oberflächenrauheit liefert, da es einer optimierten Prozesssteuerung in mehrerlei Hinsicht dient:
 

  • Optimale Maschineneinstellung, zur Senkung von Energie- und Betriebskosten
  • Fachgerechte Einsetzen der Schleifbänder, zur Ressourceneinsparung
  • Einfache Maschinenbedienung, indem Prozessdaten erfasst und dargestellt werden
  • Qualitätskontrolle und Dokumentation, um eine bessere Produktionsübersicht zu erhalten
  • Frühzeitiges Erkennen von verschlissenen Schleifbändern


Ziel war, aus den gelieferten Fakten Eigenschaften herauszulesen, aus denen der Bedienende Maßnahmen (z.B. Wechseln der Schleifbänder) ableiten kann, mit denen Ausschuss verhindert wird. Im Kern ist das Lösungssystem also eine präventive Maßnahme, die nicht auf das Aussortieren minderqualitativer Ware im Nachhinein ausgerichtet ist, sondern darauf, dass diese gar nicht erst entsteht. Damit handelt es sich um eine Prozessüberwachung, die frühzeitig warnt, bevor die Toleranzen zur B-Ware überschritten werden. So kann der Kunde jederzeit vorbeugend in den Schleifprozess zur Qualitätssicherung eingreifen.

Optische Erfassung: Rattermarken und Rauheit

Das von Grenzebach entwickelte optische Messsystem für Breitbandschleifmaschinen behält zwei Merkmale im Blick:
 

  • Oberflächenrauheit: Es soll nur so fein geschliffen werden wie nötig, um Verschleiß zu reduzieren, längere Standzeiten zu vermeiden und die Qualität zu optimieren. Aufgrund der erhobenen Rauheitswerte lassen sich Rückschlüsse ziehen, ob einzelne Einstellungen richtig gewählt wurden. Zudem ist die Rauheit stark von der Standzeit sowie der Beschaffenheit der Schleifbänder abhängig.
  • Rattermarken: Durch das frühzeitige Erkennen von abgenutzten Schleifbändern oder Lagerschäden kann die Produktion von Ausschuss verhindert werden. Die Herausforderung beim Erfassen der Rattermarken liegt grundsätzlich darin, dass sie in der unbeschichteten Rohplatte nur sehr schlecht erkannt werden. Zudem lassen die steigenden Prozessgeschwindigkeiten (bis zu 120m/min) eine hundertprozentige Beurteilung der geschliffenen Oberfläche gar nicht zu.
     

Die Lösung: intelligentes optisches Messsystem

In einem mehrstufigen Verfahren inklusive Testphasen, Entwicklung von Algorithmen zur Ursachenerkennung und Installation eines Prototyps haben wir ein Kamerasystem für die Oberflächeninspektion entwickelt, das sowohl Rauheit als auch Rattermarken misst und diese Messwerte an die zentrale Steuersoftware weiterleitet. Alle relevante Daten und Informationen laufen hier über den gesamten Schleifprozess hinweg zusammen und werden analysiert. Einzelne Parameter und Grenzwerte können angepasst und fortlaufend optimiert werden, sodass die Platten immer im idealen Bereich geschliffen werden. So wird eine gleichbleibend hohe Qualität gesichert und der Aufwand für die Instandhaltung reduziert.

Erste Tests fanden bereits 2015 statt. Der Prototyp wurde 2018/2019 und der erste Serientyp 2020 installiert. Der Kunde war so von unserer Messlösung überzeugt, dass fünf weitere Systeme bestellt wurden.

Beim Entwicklungsprozess von Soft- und Hardware – Rechnersystem und Messmodulen, welche jeweils aus zwei Beleutchtungen und einer Kamera bestehen, gab es immer wieder neue Herausforderungen zu lösen. Aufgrund der Komplexität des Projektes war eine gute Kommunikation zwischen uns und dem Kunden enorm wichtig. Deshalb gab es während des gesamten Projektzyklus einen intensiven Austausch zwischen uns und dem Projektleiter des Kunden.

Fazit: Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung – auch branchenübergreifend

Das frühzeitige Erkennen von Rattermarken verhindert die Produktion von B-Ware und steigert nachhaltig die Qualität des Schleifprozesses. Mit dem neuen Messsystem zur Überwachung der Rauheitswerte steigt die Wirtschafltichkeit der Anlage: Wird weniger von der Platte abgetragen, verringert sich Maschinenverschleiß und Energieverbrauch. Zusätzlich wird das Personal entlastet, das beide Merkmale bisher manuell überprüfen musste. Mit dem optischen Messsystem ist die Automatisierung des Produktionsprozesses auf ein neues Level gehoben worden. Jetzt wird nicht nach der Produktion manuell geprüft, sondern durch eine automatische Kontrolle während der laufenden Produktion. Das ist deutlich in der Effizienz der Anlage bemerkbar.

Nicht nur für unseren Kunden hat sich die Investition gelohnt, auch für Grenzebach. Im Entwicklungsprozess wurden sowohl bei Grenzebach als auch beim Kunden Patente für die neue Technik angemeldet. Zudem sehen wir weiteres Potenzial in der Sensor-Lösung – branchenübergreifend: Derzeit suchen wir nach weiteren potentiellen Einsatzfelder für das optische Messsystem; erste Versuche laufen. Denn auch wenn es sich bei dem aktuellen Anwendungsfall um ein spezielles Einsatzgebiet handelt, können auch anderen Branchen von der Grundidee und -funktion der Technologie profitieren.

Benedikt Allendorf, Product Manager Grenzebach

Zum Autor:

Benedikt Allendorf ist seit 2019 Produktmanager bei Grenzebach. Sein Aufgabengebiet ist die Optische Inspektion. Er ist in diesem Bereich für Vertrieb, Entwicklung, Inbetriebnahme und Service zuständig.