Ping Wang mag Koalas, sie gehören zu ihren Lieblingstieren. Und so hatten Koalas ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, als Ping Wang einen Namen für den Austausch im internationalen Geschäftsleben wählte: Karla klingt so ähnlich wie Koala . . . Der Name Karla steht für die 29-Jährige Chinesin auch für: mutig und clever sein. Es ist gang und gäbe, dass Chinesinnen und Chinesen für den beruflichen Kontext einen westlichen Namen wählen, mit dem sie bei Kollegen und Kunden auftreten. Das erleichtert Europäern oder Amerikanern die Kommunikation, denn diese tun sich mit dem Aussprechen von chinesischen Namen häufig schwer.
Über die Sprache zusammenfinden
Bei Karla ist der gewählte westliche Name auch Programm, denn sie hat sich nach dem Germanistik-Studium mit Mut und Cleverness ins internationale Geschäft für Glasproduktionsanlagen gestürzt. Asien ist der größte und wichtigste Absatzmarkt für Grenzebachs Glas-Technologie. Nach dem Abschluss des Studiums in Nanchang im Südosten des Landes ging Wang Ping in Shanghai auf Jobsuche. „Ich wollte unbedingt eine Stelle, bei der ich meine Deutschkenntnisse anwenden kann“, berichtet sie. Grenzebach kam auf dem digitalen Jobmarkt auf sie zu.
Kurze Bunkerscheibe, Rohsubstratbeschickung oder Hochgeschwindigkeitsstapler: Nach diesen Begriffen blättert man selbst in ausgesuchten Chinesisch-Deutsch-Wörterbüchern vergeblich. Beschichtungs-Technologie oder Kaltes Ende: Damit befasst sich kein noch so spezielles Germanistik-Seminar. Wang Ping eignete sich viel Fachwissen an, als sie 2014 bei Grenzebach in Shanghai mit dem Übersetzen von Verträgen loslegte. „Der technische Annex eines Vertrages umfasst schon mal 100 Seiten – da saß ich teilweise eine ganze Woche dran“, erzählt sie.
Sinn für technische Feinheiten
Karla wühlte sich schnell in Projekte ein; heute betreut sie bei Grenzebach Machinery Ltd. in China ein umfangreiches Aufgabengebiet in Marketing und Vertrieb. Sie mag es, sich mit Kunden auszutauschen und hat einen langen Atem, wenn es um das Einarbeiten in technische Feinheiten geht. Kommunikationsfreude und Liebe zum Detail sind auch bei Messen gefragt. In Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Deutschland den Grenzebach-Auftritt bei der China Glass vorzubereiten, ist übers Jahr eine der größten Aufgaben von Karla. Die China Glass ist die wichtigste Fachmesse für die Branche im asiatischen Raum. Fachsimpeln über die jüngste China Glass: Das steht schon mal an, wenn Karla und ihre Kollegen im Shanghaier Büro gemeinsam zum Mittagessen rausgehen. Ein Ritual.
Trip zu den Kollegen in Europa
Und nun geht es von Shanghai aus einige Tausend Kilometer Richtung Westen: No Koalas in Donauwörth, Bad Hersfeld und Stuttgart. Als Karla im Sommer erstmals ihre Kollegen in Deutschland besuchte, ist der Kulturschock ausgeblieben. Es war ihr erster Trip nach Europa überhaupt. „Vieles kannte ich schon vom Studium, von Berichten und Bildern – und natürlich aus Erzählungen von meinen Kollegen“, merkt Ping Wang an. Verblüfft ist sie darüber, dass es in Deutschland auch außerhalb der großen Ballungsräume ein reges Wirtschaftsleben gibt.
Die Oma unterstützt in Shanghai
Karla ist selbst auf dem Land aufgewachsen. Das Dorf ihrer Großfamilie ist rund 700 Kilometer von Shanghai entfernt. Das Berufsleben von Karla hat sich von Anfang an in Shanghai abgespielt, ihr Mann ist als Vertriebs-Experte von Shanghai aus sehr viel unterwegs. So ist Ping Wangs Mutter zu ihnen gezogen, um sich um den eineinhalbjährigen Enkelsohn zu kümmern. Und Karlas Vater reist immer mal wieder für ein, zwei Wochen nach Shanghai, um die Familie zu unterstützen.
Aus der Megacity Shanghai (24 Millionen Einwohner) kommend, hat sich Karla sofort in Donauwörth (18.000 Einwohner) und Nördlingen (19.000 Einwohner) verliebt, als sie die Kollegen am Hauptsitz von Grenzebach in Hamlar besuchte. „Donauwörth hat wirklich sehr schöne historische Gebäude. Es ist alles wie in den Büchern abgebildet.“
„Made in Germany“ als Motivator
Wegbereiter für die Tätigkeit bei Grenzebach in Shanghai war das Germanistik-Studium. Warum hatte sich Karla für dieses Studienfach entschieden? Karla erzählt, dass bei der Wahl des Studienfachs 2008 das gute Image von „Made in Germany“ mit ausschlaggebend war und eine immer stärker werdende Verflechtung von deutscher und chinesischer Wirtschaft. Bei der ökonomischen Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland spielen nicht zuletzt kurze Bunkerscheibe, Rohsubstratbeschickung oder Hochgeschwindigkeitsstapler eine entscheidende Rolle. Begriffe, mit denen Karla heute im Chinesischen, im Deutschen und im Englischen ganz selbstverständlich umgeht.